Die Hinfahrt - es ist nichts Ungewöhnliches daran - führte nicht nach dem Leitspruch zum Ziel - "Der kürzeste Weg zwischen zwei Punkten ist die Gerade" - sondern vielmehr - "Wir „geigen“ über die Dörfer" - da gibt es immer was zu sehen. Und das ist das Schöne daran, man kommt an Orte, an die man normalerweise nicht gekommen wäre und entdeckt immer wieder viel Neues. Auch gehört es dazu, dass man sich verfährt und sich auf einmal aus anderer Richtung wieder begegnet und denkt: Die kennst du doch. Das ist kurzweilig, und daß das so ist, wird immer dem zugeordnet, der die Aufgabe hat, vorneweg zu fahren. Dann wird es am Ziel ziemlich lebendig, wenn darüber bei der „Manöverkritik“ alles zur Sprache kommt und freundschaftlich beschwatzt wird.
Bis zum Beginn unserer Führung hatten wir Zeit, auf eigene Faust das 2010 eröffnete Besucherzentrum bei einem Rundgang zu durchstreifen und Eindrücke aus über 48 Millionen Jahre Zeitspanne über Geologie, Fauna und Flora zu erhalten. Der Rundgang führte vorbei an der Industriegeschichte über die Gewinnung von Öl aus Ölschiefer. Anmerkung: Das Kerogen in dem Ölschiefer wird durch thermische Zersetzung - Extraktionsverfahren - in Schieferöl verwandelt. In Messel waren 32 Öfen in betrieb bei 340 – 530 Grad Celsius. Beeindruckend auch die Aufklärung über die Firmengeschichte, die sehr bewegt war und 1859 mit einer Raseneisenerzgrube begann und 1962 wegen fehlender Rentabilität geschlossen wurde, so wie es die Politik bereits beschlossen hatte. Wenn man bedenkt, wie es hätte ausgehen können, so muss man den Menschen in Messel mit ihren vielseitigen Initiativen danken, die stoisch und immer wieder nachfordernd dafür kämpften, daß aus der Grube Messel keine Mülldeponie gemacht wurde. Es zog sich Jahre hin, die Betonfahrbahn für die Müllautos war schon gebaut. Ein Baustoffhersteller sah sich seiner Zeit voraus und kippte in geflissentlicher Aussicht auf die Deponie schon mal Restbaustoffe über den Grubenrand. Gott sei Dank wurde aus der politischen Absicht nichts. 1988 gab das damalige Hessische Umweltministerium den Plan einer Mülldeponie auf. Der Fertigungsschutt des Baustoffhersteller lag nun mal da und liegt dort heute immer noch. Das Gute hierbei ist, dass sich diese Bausteintrümmer mit Wärme aufladen und sich dadurch ein Wohlfühlort für Reptilien ergeben hat. 1995 wurde die Grube Messel UNESCO Weltnaturerbe.
Weiter geht es zum tropischen Regenwald, der mit seiner Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren präsentiert wird. Der Erfindungsreichtum der Natur wird mit dem Motor des Lebens - der Evolution - verknüpft. Aufgrund geodynamischer Vorgänge im Sprendlinger Forst verbunden mit Erosion und tektonischen Bewegungen entstanden vulkanische Herde. Eine Forschungsbohrung im Jahr 2001 ergab, dass sich auch im Raum Messel ein solcher Vulkanherd befand. Der Vulkankrater füllte sich mit Wasser und es bildete sich ein Maar. Im unteren Teil lagerten sich Sedimente ab die, weil Sauerstoffbildung fehlte, die als Ölschiefer bekannt sind. Man hat in diesem Ölschiefer der Grube Messel die Skelette von Krokodilen, Alligatoren sowie anderen Reptilien, Vögeln, Käfern und Pflanzen gefunden. Aber das Urpferdchen [ Eurohippus messelensis] ist der spektakulärste Fund und das Erkennungszeichen, das mit der Grube Messel verbunden ist. Bis heute sind zusammen genommen 60 Urpferdchen bekannt. Ende vergangenen Jahres wurde in der Grube Messel erneut das Skelett eines Urpferdchen ausgegraben. Es war eine trächtige Stute in deren Unterleib sich die Milchzähne eines Jungtieres befanden. Eine weitere Attraktion ist das Bohrloch. Eine virtuelle Bohrfahrt durch die Gesteinsschichten bis zu einer Tiefe von 433 Metern.
In der Mittagspause im Bistro stärkten wir uns mit Wiener Schnitzel und Salat.
Der Rundgang mit unserer Grubenführerin, einer Studentin der Geologie vom Forschungsinstitut Senckenberg, begann um 13:00 Uhr mit ausführlichen Erklärungen über die Entstehung der Grube und deren Chronik. Sie ging zunächst auf der abschüssigen betonierten Straße, die ursprünglich für die An- und Abtransporte des Mülls der seiner Zeit geplanten Deponie bereits gebaut worden war, mit uns zu verschiedenen Info-Stationen mit Panoramablick und schilderte uns, dass die durch das Extraktionsverfahren angefallenen großen Mengen an Schlacke in vergangener Zeit unter anderem als Belag für Tennisplätze verendet wurden. Wir konnten die Epoxidharz-abgüsse von Schieferplatten mit Fossilien aus nächster Nähe betrachten. Die echten Schieferplatten liegen in Wasser, denn einmal an der Luft trocknen sie sehr schnell aus und zerbröseln. Uns wurden kleine Bruchstücke des Ölschiefers von unserer Tourenführerin an die Hand gegeben und wir konnten uns der zerbrechlichen Beschaffenheit des anthrazitfarbenen Schiefers, der sich Schicht für Schicht spalten lässt, bewusst werden. Zwischen diesen Schichten sind die Fossilien zu entdecken. MitarbeiterInnen des Senckenberg Forschungsinstituts graben in der Grube Messel seit Jahren etwa ab Mai und entdecken immer wieder Neues. Begeistert und angetan waren wir von dem Urpferdchen, das als Modell im Originalmaßstab vorgezeigt wurde. Wiederum ein herrlicher Panoramablick über die Grube. Nun aber zurück und das bedeutet, die abschüssigen Straße wieder hoch, aber wir schaffen das.
Wir bedanken uns bei der Studentin für die lebendigen Schilderungen und verabschieden uns zum Parkplatz.
Unser Ausflug endete in Groß-Zimmern im Eiscafe Gelatiamo mit dem Genuß von Eisbechern.
Super der Ausflug. Die Heimfahrt erfolgte individuell.
Alexander Bernhardt